Fallmanagement / Case Management

(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.35)

1 Definition

Ganzheitliche Problembewältigung/Unterstützung im Sinne des Management-Begriffs: Ansatz im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen, aber auch z. B. in der Arbeitsvermittlung, Unfallversicherung usw., bei dem die betroffene Person (Patient/in, Klient/in, Kunde/Kundin usw.) im Mittelpunkt steht. Durch eine ganzheitliche Sicht aus allen Perspektiven (sachlich und zeitlich) und das Zusammenwirken aller Institutionen und Akteure soll ihr möglichst umfassend, wirksam und effizient geholfen werden. - Das Vorgehen kann aber auch für die Bewältigung anderer, gesellschaftlicher Problemlagen ("Fälle") verwendet werden.

2 Weitere Informationen

"Ganzheitlich" bedeutet bei Fallmanagement:

Ziel ist es, Wirksamkeit, Qualität und Effizienz der Unterstützung zu steigern und damit mittel- und langfristig auch Kosten zu senken. Dies soll insbesondere durch schnelle, abgestimmte Reaktion und Berücksichtigung auch längerfristiger Entwicklungen (und Chancen und Risiken) im Rahmen eines Gesamtkonzepts für den einzelnen Fall erreicht werden.

Der Ansatz wurde in den USA entwickelt. Eine andere Bezeichnung ist "Unterstützungsmanagement", eine andere Schreibweise "Casemanagement".

Einordnung in Verwaltungsmanagement
Zugrunde liegt strategisches Management mit klarer Outcome-Orientierung, wobei das operative Management (die Steuerung der Einzelfallbearbeitung) gleichzeitig die Daten für die Überprüfung und Weiterentwicklung des strategischen Management-Konzepts liefert. Fallmanagement ist deshalb eine konsequente Umsetzung einer Neuen Verwaltungsführung (NSM) (bzw. synonym: der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung).

Organisatorische Perspektive
Management und Zuständigkeiten orientieren sich am Patienten/Klienten und überwinden so die durch die Spezialisierung entstehende Parzellierung der Betreuung, die bisher zu unvollständigen, nicht abgestimmten und/oder zeitlich ungünstig angeordneten Reaktionen durch mehrere Zuständige führt.

Anwendungsbereich
Anwendungsbereich ist neben der Rehabilitation die Sozialhilfe und Betreuung von Arbeitssuchenden (möglichst schon vor dem endgültigen Arbeitsplatzverlust). Ähnliche Konzepte sind die ganzheitliche Betreuung der Wirtschaftsförderung, z. B. bei der Ansiedlung von Firmen. Das Konzept kann darüber hinaus verwendet werden bei anderen Förderaufgaben und könnte z. B. auch die bisher übliche input- und outputorientierte Subventionierung ersetzen.

Good-Practice-Beispiel Basel

Die Stadt Basel, die ihre Sozialhilfe nach den Grundsätzen des Neuen Steuerungsmodell bzw. der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung rechtlich verselbständigt hat und sie über einen Leistungsauftrag steuert, orientiert sich an folgendem Wirkungsziel:

Oberstes Ziel der Sozialhilfe ist die Wiederherstellung und Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Selbständigkeit. Im Mittelpunkt der Hilfe steht somit nicht die finanzielle Unterstützung, sondern die Integration in die Arbeitswelt und in die Gesellschaft, sowie die Vorbeugung von Notlagen.
(übernommen von http://www.sozialhilfe.bs.ch/ am 21.04.2007)

Prinzipien und Vorgehen werden wie folgt beschrieben:

Prinzipien und Vorgehen der Sozialhilfe der Stadt Basel
(übernommen von http://www.sozialhilfe.bs.ch/ am 12.04.2003, z. T. Formatierung geändert):

Die handlungsleitenden Prinzipien sind dabei:

  • Nutzer/innenorientierung   Die Bedürfnisse der Klienten sind entscheidend und nicht die der Verwaltung. Ziel ist die eigenständige Handlungsfähigkeit der Klienten.
  • Handlungen nach Vereinbarungen   Die Klienten sollen am Hilfsprozess mündig mitwirken. Man verständig sich über die Ziele und über die Mittel und Wege, wie man diese erreicht. Transparenz von beiden Seiten ist dabei unabdingbar.
  • Prozedurale Fairness   Alle Klienten können mit Gleichbehandlung rechnen und damit, dass ihre besonderen Gegebenheiten berücksichtigt werden.
  • Produkteorientierung   Die Mitarbeitenden wissen, was ihre Organisation leisten kann und was nicht. Wo sie an Grenzen kommen, suchen sie nach anderen Anbietern.
  • Qualitätsmanagement   Es wird systematisch beobachtet, ob die Prozesse, Strukturen und die Ergebnisse der Arbeit den zuvor definierten Anforderungen genügen. Man ist bestrebt, sich zu verbessern.
  • Versorgungsmanagement Durch das Arbeiten mit den Klienten werden Lücken, Unzulänglichkeiten und Überangebote im sozialen Netz erkannt. Man setzt sich für die optimale Versorgung der Klienten ein.
  • Koordination und Kooperation Voraussetzung für ein erfolgreiches Case Management ist, dass die Organisation und Mitarbeitenden ein reiches und dichtes Netz an Beziehungen zu anderen Organisationen und deren Mitarbeitenden haben, damit bei Bedarf diese genutzt werden können.

Konkret sind es fünf Verfahrensschritte:

  • Einschätzung und Abklärung der Situation und der Bedürfnisse
 assessment
  • Vereinbarung von Zielen und einem Handlungsplan zur Zielerreichung
 planning
  • Durchführung des gemeinsam geplanten und vereinbarten Vorgehens
 intervention
  • Kontrolle und Überwachung sowie Steuerung des Handelns und der Ziele, angepasst an die aktuelle Situation
 monitoring
  • Bewertung, Beurteilung und Auswertung der Wirkung des Verfahrens
 evaluation

Diese Verfahrensschritte sind zyklisch. Sie wiederholen sich und laufen zum Teil parallel. Nur so können sie den komplexen Lebenssituationen gerecht werden.

Die von der Sozialhilfe der Stadt Basel zitierte Definition nach Rolf Rainer Wendt, 1999, formuliert Case Management wie folgt (Formatierung geändert):

Ziel des Case Management ist es,

  • die Fähigkeiten und Kompetenzen
    • der Klientinnen und Klienten
    • und/oder ihres primären Umfeldes
  • zur Wahrnehmung und Nutzung sozialer und anderer Dienstleistungen zu fördern (erhalten, stabilisieren, wiederherstellen, ausbauen),
  • professionelle, soziale und persönliche Ressourcen zu verknüpfen und eine
  • höchstmögliche Effizienz im Unterstützungsprozess zu erreichen.

Im übrigen bemerkenswert: die Sozialhilfe der Stadt Basel ist ISO-zertifiziert (Website am 19.04.2007).