Wirkungsorientierte Verwaltungsführung - WoV -

(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.41)

1 Definition

Schweizer und österreichische Variante des Konzepts einer Neuen Verwaltungssteuerung/des New Public Managements. Sie umfasst auch die Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Politik und Verwaltung auf der Grundlage entsprechender Regelungen in Verfassung und Gesetzen. Das Parlament steuert nicht mehr nur/überwiegend über die Bewilligung von Finanzmitteln, sondern durch Vorgabe von Wirkungszielen. In der Schweiz werden diese Ziele zunächst für einen Zeitraum von mehreren (vier) Jahren festgelegt und mit einem Globalbudget verknüpft (siehe zur Reformkonzeption des Bundes "Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget - FLAG", interne Quelle im Online-Archiv), in Österreich sind Wirkungsziele im Bundeshaushalts zusätzlich anzugeben (§ 23 Bundeshaushaltsgesetz 2013).

Definition von Schedler (Glossar, 2000, S. 1 bzw. 33):

Die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung ist ein Steuerungsmodell für Politik und Verwaltung, das sein Hauptaugenmerk auf die Wirkungen des staatlichen Handelns legt. Ziel der WoV ist es, die Grundidee der Wirkungsorientierung in alle Entscheidungsmechanismen und –instrumente von Politik und Verwaltung einzuführen.

Die WoV ist kein starres Konzept, sondern sie ist eher eine Führungsidee. Sie muss und kann an ein konkretes Umfeld angepasst werden. Die Praxis in der Schweiz zeigt, dass verschiedene Gemeinwesen sehr unterschiedliche Umsetzungen gewählt haben, wobei es kein „richtiges“ oder „falsches“ Modell gibt, sondern erfolgreiche oder weniger erfolgreiche.

2 Weitere Informationen

Wirkungsorientierung ist verbindliche Vorgabe für die Bundesebene in der Schweiz und ab 1. Januar 2012 in Österreich, in beiden Ländern auch in der Verfassung verankert und in weiteren Gesetzen konkretisiert.

2.1 Wirkungsorientierte Verwaltungsführung in der Schweiz

2.1.1 Bewertung

Zum Einsatz der Integrierten Aufgaben- und Finanzplanung (IAFP) als Kern einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung stellen Summermatter/Demaj (2012: 171) fest:

"Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass die IAFPs zu weiten Teilen ihre zugedachte Funktion erfüllen. Sie werden von den Politikerinnen und Politikern als vertrauenswürdiges Kommunikationsinstrument der Regierung betrachtet. Oft sind sie jedoch eher Ausgangs- als Endpunkt der Informationssuche."

Bereits 2006 kam Proeller (S. 167, Formatierung geändert) zu folgender Einschätzung:

Vergleicht man die Steuerungsmechanismen in der Schweiz heute mit jenen vor zehn Jahren, so kann festgehalten werden, dass Wirkungsorientierte Verwaltungsführung heute zu einem festen Bestandteil der Schweizerischen Verwaltungslandschaft geworden ist, welche neben traditioneller Verwaltungssteuerung in der ganzen Schweiz zu finden ist.

Die vertiefte Analyse der verfügbaren Steuerungsinformationen hat aber deutlich gemacht, dass die Qualität der verfügbaren Informationen den Anforderungen der Wirkungsorientierung und einer ergebnisorientierten Steuerung nur partiell entspricht und Entwicklungspotenzial aufweist. Die Vision der Wirkungsorientierten Steuerung ist in dieser Hinsicht noch nicht erreicht. Dennoch zeigen die Bemühungen und Ergebnisse der vergangenen Reformjahre, ebenso wie auch die internationalen Erfahrungen einerseits, dass Wirkungsinformationen im Steuerungsprozess von zentraler Bedeutung sind. Andererseits zeigt sich auch, dass der Aufbau dieser Informationen einen langwierigen Entwicklungs- und Lernprozess darstellt.

Die Herausforderung der nächsten Jahre und ein Erfolgsfaktor für die Nachhaltigkeit der bisherigen Bemühungen besteht darin, die Vision weiter zu verfolgen und Wirkungsorientierung nicht zur Utopie werden zu lassen.

Die Einschätzung der Verantwortlichen in den Kantonen fasst Steiner (2009, S. 6) wie folgt zusammen:

Eine überwiegend positive Reformbilanz zieht auch Schedler, siehe die oben angegebene Quelle.

2.1.2 Quellen

Zum Stand der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung in der Schweiz siehe

Weitere Quellen siehe im Beitrag Neue Verwaltungsführung / NPM/NSM/WOV sowie die Websites, die regelmäßig den Stand und die weitere Entwicklung dokumentieren.

2.1.3 Rechenschaftslegung

Zur WoV gehört aber auch die Rechenschaftslegung über die Erreichung der Wirkungs-, Leistungs- und Finanzziele. Sie ist in der Schweiz auf Bundesebene verfassungsrechtlich verankert durch die Verpflichtung in Art. 170 der Bundesverfassung, Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Rechenschaftslegung erfolgt u. a.

2.2 Österreich

2.2.1 Konzept

Auch Österreich hat sich auf Bundesebene auf die Wirkungsorientierte Verwaltungsführung, einschließlich der Verknüpfung von Finanz-/Haushaltsplanung und Finanzkontrolle mit Wirkungen, festgelegt, und zwar im Konsens zwischen allen Parteien (die parlamentarischen Beschlüsse zur Haushaltsrechtsreform des Bundes (gefasst in den Jahren 2007 und 2009) erfolgten einstimmig (so Finanzminister, Josef Pröll, in: Schilhan 2010, Vorwort), entsprechende Regelungen wurden auch in die Verfassung aufgenommen.

"Der Grundgedanke der Reform besteht darin, einen Zusammenhang zwischen den eingesetzten Ressourcen und den Wirkungen für die Bürgerinnen und Bürger herzustellen. [...] Das Budget wird damit mehr noch als bisher zu dem zentralen Steuerungsinstrument der Politik." (Finanzminister Josef Pröll, in: Schilhan 2010: Vorwort)

Aus der amtlichen Begründung[1] zu dem neuen Artikel 51 Abs. 9 des Bundesverfassungsgesetzes (Schilhan 2010: 24, Formatierung geändert):

"Bei den Maßnahmen für eine wirkungsorientierte Verwaltung wird es darauf ankommen, die Verknüpfung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung unter Nutzung internationaler Erfahrungen so vorzunehmen, dass diese in effizienter, unbürokratischer Weise umgesetzt wird. Die zugrunde liegende Absicht muss stets handlungsleitend bleiben, nämlich

  • die Steuerung der eingesetzten Mittel nach beabsichtigten Wirkungen und Leistungen mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand vorzunehmen
  • und Verantwortlichen in Politik und Verwaltung aussagekräftige und ohne unzumutbaren Aufwand verarbeitbare Informationen zur Hand zu geben, die diese Verantwortlichen für ihre Steuerungsaufgaben benötigen
  • und die gleichzeitig einer breiten, interessierten Öffentlichkeit deutlich machen, welche Zusammenhänge zwischen eingesetzten Mitteln und Wirkungen/Leistungen bestehen."

2.2.2 Textauszüge zu Wirkungsorientierung in Österreich auf Bundesebene


Bundesverfassungsgesetz in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung:

Art. 51
(8) Bei der Haushaltsführung des Bundes sind die Grundsätze der Wirkungsorientierung insbesondere auch unter Berücksichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, der Transparenz, der Effizienz und der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes zu beachten.

(9) Die näheren Bestimmungen ... sind ... durch Bundesgesetz zu treffen. In diesem sind insbesondere zu regeln:
1. die Maßnahmen für eine wirkungsorientierte Verwaltung insbesondere auch unter Berücksichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern;
...
11. Anreiz- und Sanktionsmechanismen;
12. das Controlling;

Erläuterungen[1] zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgesetzes (zitiert nach Schilhahn 2010: 23)

Wirkungsorientierung:
Der Grundsatz der Wirkungsorientierung bedeutet, dass bei Budgeterstellung und Haushaltsführung eine Orientierung an den mit den eingesetzten Mitteln erreichten Wirkungen erfolgt. Im Zentrum steht daher die Frage, welche Ziele sich die Politik setzt und inwieweit diese tatsächlich umgesetzt werden. Von der Wirkungsorientierung ist auch der traditionelle Budgetgrundsatz der Zweckmäßigkeit umfasst, der sich mit dem der Effektivität deckt, wie er im Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über „Europäisches Regieren“ formuliert ist. Die Umsetzung erfolgt dadurch, dass die bereitgestellten Mittel mit konkreten Wirkungs- und Leistungszielen verknüpft werden, was einen fundamentalen Wandel zur bisher vorherrschenden Inputorientierung darstellt. Im Zusammenhang mit der Wirkungsorientierung ist auch eine angemessene Evaluierung der Ziele vorzunehmen, wobei die mit der Evaluierung entstehenden Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen der Evaluierungen stehen sollen. Im Rahmen der Wirkungsorientierung ist insbesondere die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu berücksichtigen.

Bundeshaushaltsgesetz 2013

Ziele und Grundsätze der Haushaltsführung
§ 2
(2) [...] Vom Grundsatz der Wirkungsorientierung umfasst sind insbesondere die mittelfristige und jährliche Haushaltsplanung, das Wirkungscontrolling, die wirkungsorientierte Folgenabschätzung bei Regelungsvorhaben und sonstigen Vorhaben, Berichtslegungs- und Informationspflichten sowie die Steuerung der haushaltsführenden Stellen mit Hilfe des Ressourcen-, Ziel- und Leistungsplans

Wirkungsorientierte Folgenabschätzung bei Regelungsvorhaben und sonstigen Vorhaben
§ 17.
(2) Jedem Entwurf für ein Regelungsvorhaben und jedem sonstigen Vorhaben (Abs. 1), ist von dem Mitglied der Bundesregierung oder dem haushaltsleitenden Organ, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet oder das Vorhaben geplant wurde, eine wirkungsorientierte Folgenabschätzung anzuschließen. Es sind nur die wesentlichen Auswirkungen abzuschätzen; die finanziellen Auswirkungen sind jedenfalls wesentlich.

Bundesfinanzgesetz
§ 23.

(2) Im Bundesvoranschlag sind Wirkungsziele und für deren Erreichen vorgesehene Maßnahmen mit Indikatoren anzuführen, die mit den veranschlagten Mittelverwendungen umzusetzen sind. Die Angaben zur Wirkungsorientierung sind indikativ und so zu wählen, dass ihre Relevanz, inhaltliche Konsistenz, Verständlichkeit, Nachvollziehbarkeit, Vergleichbarkeit sowie Überprüfbarkeit gewährleistet sind.

Wirkungscontrolling
§ 68.
(1) Zur Erreichung des Ziels der Wirkungsorientierung (Wirkungsziele und Maßnahmen) hat jedes haushaltsleitende Organ ein internes Wirkungscontrolling einzurichten. [...]

Erläuterungen[1] zum Entwurf des Bundeshaushaltsgesetzes 2013
(zitiert nach Schilhahn 2010: 107)

Zu § 2 Abs. 2:
Eine wirkungsorientierte Haushaltsführung bedingt eine weit gehende Annäherung der Strukturen der materiellen Aufgabenerfüllung an die Haushalts- und Personalverwaltung. Eine solche Annäherung geht über rein haushaltsrechtliche Vorschriften und Praktiken hinaus. Das zugrunde liegende Konzept für das neue Haushaltsrecht sieht daher eine Anpassung der Strukturen für eine stärkere Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung, auch in organisatorischer und personeller Hinsicht, vor.

3 Quellen / Links

Siehe im Beitrag Neue Verwaltungsführung / NPM/NSM/WOV


Anmerkungen

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