(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.62)
Überraschende Ergebnisse, praktikable Schlussfolgerungen. Nicht nur PISA (2010-07-08)
Besonders eindrucksvoll und auch weltweit wahrgenommen sind die Ergebnisse des Benchmarkings im Bildungsbereich: der international vergleichenden PISA-Studien der Kompetenzen von 15-Jährigen, aber auch von anderen, weniger diskutierten Vergleichsstudien, z. B. TIMMS[1]: der Vergleich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler.
Zu den Ergebnissen der internationalen Vergleichsstudien einerseits, zahlreichen anderen vergleichenden Untersuchungen und wissenschaftlichen Ergebnissen zum Bildungsbereich und den daraus möglichen Schlussfolgerungen für eine Politik, die gute Bildungsergebnisse erreicht, siehe zusammenfassend,
Länderberichte und Rankings: Sustainable Governance Indicators der Bertelsmann Stiftung: http://www.sgi-network.org/
Der Index vergleicht 30 OECD-Länder u. a. im Hinblick auf Management-Qualität und -Leistung. Die Ergebnisse im Überblick enthält die folgende Abbildung:
Deutschland liegt mit Platz 15 genau im Mittelfeld, mit einem Wert von 6.31 allerdings etwas oberhalb des Duchschnittswertes aller 30 Länder von 6.09.
Differenziert nach verschiedenen Kriterien ergibt sich für die Qualität des Public Managements in Deutschland das folgende Bild:
Es besteht nach dieser Einschätzung ein Defizit vor allem bei der strategischen Planung und der Reform der Institutionen.
Details enthalten die Länderberichte:
DE Deutschland Überblick / Länderbericht AT Österreich Überblick / Länderbericht CH Schweiz Überblick / Länderbericht UK Vereinigtes Königreich (United Kingdom) Überblick / Länderbericht NL Niederlande Überblick / Länderbericht
Die Bertelsmann-Stiftung begleitet die "Optionskommunen", die kommunalen
Träger (Städte, Landkreise), die die Regelungen zum ALG II ("Hartz
IV") eigenverantwortlich umsetzen, durch Benchmarking. Der Jahresbericht
2006 zeigt, dass dieses Benchmarking steuerungsrelevante Informationen und wesentliche
Anregungen für die Optimierung liefert. Er dokumentiert auch Beispiele
für innovative Verfahren einzelner Optionskommunen und ermöglicht
damit "Lernen von anderen".
Der Bericht ist u. a. über den folgenden externen Link erreichbar:
Auch der Bund hat in den 90er Jahren mit Benchmarking begonnen, bevorzugt im Bereich von Serviceleistungen (Querschnittsaufgaben). Stand und Ergebnisse sind in dem vom Bundesinnenministerium 2005 herausgegebenen
zusammengefasst.
Insgesamt führt Benchmarking im Bundesbereich ein Schattendasein und z. T. zu vermeidbaren Fehlsteuerungen:
Wirtschaftlich ist das nicht, im Gegenteil. Eine bessere Messgröße wären die Verwaltungskosten pro Beihilfeberechtigtem. Dadurch würde man Anreize zu echter Wirschaftlichkeit schaffen: sinnvolle Bündelung der Anträge, bessere Information und Beratung der Berechtigten, Online-Angebote ("Berechnen Sie Ihre Beihilfe selbst ..."), usw.
Noch besser und richtiger wäre die Messgröße "Kosten pro Beihilfeberechtigtem", also einschließlich des Hauptkostenfaktors: der Krankheitskosten selbst. Dadurch würde man Anreize schaffen z. B. für eine optimale Betreuung der Beschäftigten mit chronischen Krankheiten über systematisches "Disease Management", wie es die großen Krankenkassen seit Jahren praktizieren. Das würde es z. B. erlauben, die Kosten für Diabetes Typ II, die häufigste chronische Erkankung, deutlich zu senken, die Krankheitszeiten (und damit Ausfälle an Arbeitszeit) zu verringern und gleichzeitig die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. In der Schweiz hat man durch Disease Management bei Diabetikern die Zahl von Amputationen um 75% senken können. Das hat einen viel größeren Einfluss auf die Beihilfekosten des Dienstherrn als die noch straffere Bearbeitung der Beihilfeanträge - und ist ein Beitrag zur Lebensqualität der betroffenen Beschäftigten. Entsprechendes gilt für andere chronische Erkrankungen.
Benchmarking richtig einsetzen:
Statt "Verwaltungskosten" sollte das "Gesundheitsmanagement" der Beihilfestellen verglichen werden.Wir optimieren die Kosten der Bearbeitung des einzelnen Beihilfeantrages, aber nicht die Kosten der Beihilfe (der Summe aller Anträge), und lassen die Beschäftigten, die von den Beihilfestellen betreut werden, im Stich: mit systematischer Betreuung z. B. von Zuckerkranken, abgestimmt zwischen Arzt, Krankenkasse und Patient in einem Gesamtkonzept, "Disease Management", ist es in der Schweiz gelungen, die Zahl von Amputation als Folge der Zuckerkrankheit um 75% zu senken. Das hat einen viel größeren Einfluss auf die Beihilfekosten des Dienstherrn als die noch straffere Bearbeitung der einzelnen Beihilfeanträge - und ist ein Beitrag zur Lebensqualität der betroffenen Mitarbeitenden. Zur Kostenseite: 60 Prozent der Gesundheitsausgaben entstehen durch die Behandlung chronischer Krankheiten!
Das könnte einen Anstoß geben die Beihilfe umzustellen auf Gesundheitsmanagement: nicht die Verwaltung von Krankheitskosten ist die Aufgabe, sondern die Vermeidung von Krankheit durch Vorbeugung und die Wiederherstellung der Gesundheit, unter Einschluss eines integrierten Fallmanagements (hier als Disease Management).
Positives Gegenbeispiel: Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt NRW 2009
Das es auch anders geht, zeigt der Benchmarking-Bericht Beihilfe der Gemeindeprüfungsanstalt NRW von 2009[2], der umfassend und differenziert das Gesundheitsmanagement behandelt (S. 50 ff.). Allerdings erkennt auch dieser Bericht nicht die Problematik der Häufigkeit der Beihilfeanträge (siehe oben), und bei dem Vergleich der Beihilfekosten für aktive und inaktive Beschäftigte (S. 49) berücksichtigt er nicht wesentliche Einflussgrößen (z. B. Familienstand, Altersstruktur) beider Gruppen, insbesondere auch nicht den Faktor, dass Pensionäre 70% statt 50% der beihilfefähigen Kosten erstattet bekommen. Unterschiede im Anteil der Beihilfekosten können also auf einem unterschiedlichen Erstattungssatz beruhen, nicht unbedingt auf höheren Krankheits- oder Pflegekosten.
Das Direktorat zu Public Governance and Territorial Development der OECD (PGC) ist Plattform für den Erfahrungsaustausch zur Verwaltungsmodernisierung in den 36 OECD-Mitgliedsstaaten. Es evaluiert laufend Modernisierungsprogramme sowie die Leistungen von Politik und Verwaltung in ausgewählten Politikfeldern oder Problembereichen. Auf die Veröffentlichung einer Übersicht ist bereits im Beitrag zum Neuen Steuerungsmodell hingewiesen worden: International nur Mittelmaß: Verwaltungsmodernisierung in Deutschland.
Ein neues Projekt soll ein differenzierteres Bild der Leistungsfähigkeit der Verwaltungen der 36 Mitgliedsstaaten und des Standes der Verwaltungsmodernisierung ermöglichen. Dazu gibt es verschiedene Arbeitspapiere, unter anderem: Public Governance Committee: "Towards Better Measurement of Government", 16.10.2006, das die Datengrundlagen beschreibt.
Das Vorhaben selbst wird unter der Überschrift "Management
in Government: Moving towards 'Government at a Glance'" erläutert.
Es ist über eine eigene permanente Web-Adresse zugänglich: http://www.oecd.org/gov/indicators.
BenchNet - The Benchmarking Exchange dokumentiert die Verwendung von Benchmarking in der USA. Auf den Plätzen 3, 4 und 9 sind Verwaltungen der öffentlichen Hand verzeichnet, vgl. den folgenden Auszug aus der Website:
The following is a ranking of organizations that are heavily engaged in benchmarking. These member organizations have implemented internal benchmarking methodologies and practices to support their entire organizations' efforts to improve their products and services for both internal and external Customers.
These organizations are excellent role models for you to learn how to deploy benchmarking throughout your workgroup, department, division or entire organization. They are leaders! ...
Organization | Ranking |
Xerox | 1 |
TRW Automotive | 2 |
U.S. Army | 3 |
U.S. Department of Veterans Affairs | 4 |
Saudi Aramco | 5 |
CSC | 6 |
DynMcDermott | 7 |
The North Highland Company | 8 |
Social Security Administration | 9 |
Corning | 10 |
(übernommen von BenchNet
- The Benchmarking Exchange, 2007-01-13)
Die Rede enthält auch
Die Bertelsmann-Stiftung hat in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift "Impulse" die Wirtschaftsförderung der 25 größten Städte der Bundesrepublik untersucht. Das Ergebnis war: Bielefeld lag vorn - Bochum hinten. Was glauben Sie, was das für Bewegung gebracht hat? Ich musste viele Gespräche mit den zuständigen Dezernenten und Oberbürgermeistern der Städte, die auf den letzten Plätzen gelandet waren, führen, um sie auf die Veröffentlichung vorzubereiten, damit erstens keine Scherben entstanden, zweitens aber auch der Wettbewerbsansatz richtig verstanden wurde. Der Oberbürgermeister von Dortmund, der mit seiner Stadt auf dem drittletzten Platz gelandet war, hat wunderbar reagiert und gesagt: "Ich nehme das als kostenlose Unternehmensberatung." ... Die Stadt A. z. B. hatte 7,1 % Abgänger, die keinen Abschluss hatten. In der Stadt B verließen nur 3,7 % Schulabgänger das Schulsystem ohne Abschluss. Das sind fast 50 % weniger, oder umgekehrt: in A hatten doppelt so viel Schüler keinen Abschluss wie in B. Dies ist ein gravierender Unterschied und hat vor allem später bedeutende soziale Konsequenzen, z. B. wenn Sie an Arbeitslosigkeit denken usw. Also ein außerordentlich wichtiges strategisches Datum! Die beiden Städte sind benachbarte Städte mit ähnlicher Struktur: Bergarbeiter und sehr viele Ausländer usw. Man fragt sich, woran diese Differenz der Daten liegt. Die beiden Städte kannten die abweichenden Ergebnisse nicht. Sie haben nebeneinander gearbeitet, die eine mit 7,1 % war genauso stolz auf ihre Leistung im Schulsektor, wie die andere und glaubte, sie würde eine exzellente Schulpolitik betreiben. Die Erklärung für den größeren Erfolg der anderen Stadt war, dass diese schon viel früher erkannt hat, dass die Sprachkompetenz eine bedeutende Herausforderung der Schulpolitik ist. Sie hatte daher ein eigenes kommunales Programm zur Förderung der Sprachkompetenz in der Schule aufgelegt. Das Ergebnis war die bessere Quote bei den Schulabschlüssen. |
Quellen - weitere Beispiele |
Bildungs-Benchmarking
Zu den Ergebnissen der internationalen Vergleichsstudien einerseits, zahlreichen anderen vergleichenden Untersuchungen und wissenschaftlichen Ergebnissen zum Bildungsbereich siehe zusammenfassend, auch von der OECD zitiert:
Whelan, Fenton (2009): Lessons Learned: How Good Policies Produce Better Schools. London.
sowie zusammenfassend zur Situation in Deutschland:
Klieme, Eckhard u. a. (Hrsg.) (2010): Pisa 2009. Bilanz nach einem Jahrzehnt. Münster. (Zusammenfassung bei Spiegel Online).
Quellen zur Einordnung siehe im OlevWiki, Arbeitsbereich Bildung. Widerlegung verbreiteter Vorurteile durch Benchmarking siehe z. B. im Arbeitsbereich "Wirkung / Outcome" im OlevWiki.
Benchmarking in anderen Bereichen
Die Sozialgerichtsbarkeit NRW (2005): Organisationsentwicklung – einschließlich Benchmarking – Stand: Februar 2005
Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2007): Jahresbericht 2006 für das SGB II-Benchmarking der Optionskommunen. Gütersloh, 56 S.; 1.562 kB
Finanzämter in Deutschland
Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.) (2001): Leistungsvergleich zwischen Finanzämtern. Philosophie - Methodik - Organisation - Ergebnisse. 2. Auflage, 250 Seiten, ISBN 978-3-89204-472-7, Online-Quelle
Website zum Leistungsvergleich der Finanzämter: http://www.leistungsvergleich.de
Anmerkungen
1 ![]() |
"TIMMS" steht für "Trends in International Mathematics and Science Study" als Bezeichnung einer internationalen Schulleistungsstudie, früher: "Third International Mathematics and Science Study". Die Studie wird seit 1995 im vierjährigen Turnus von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) durchgeführt und untersucht die Kompetenz in Mathematik- und Naturwissenschaften in der Grundschule, in der Sekundarstufe I und in der Sekundarstufe II. |
2 ![]() |
Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (2009): Erfahrungsbericht Ergänzungsprüfung Beihilfe. Herne. Online-Quelle. Zitiert als GPA NRW (2009) |
© Copyright: Prof. Dr. Burkhardt
Krems, Köln, 2013-09-10 |