Erlass

(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 2.02)

1. Definition

Schreiben einer obersten Bundes- oder Landesbehörde, gleich welchen Inhalts, an eine ihr unterstellte Behörde oder Institution, insbesondere die Schreiben der Ministerien an die Behörden ihres Geschäftsbereichs.

Schreiben anderer Aufsichtsbehörden werden als Verfügung bezeichnet.

Der Inhalt eines Erlasses ist traditionell mit Verbindlichkeit ausgestattet, in modernen Verwaltungsbereichen inzwischen aber nur, wenn dies ausdrücklich gesagt wird, da die Beziehungen zwischen den Einheiten eines Konzerns, wie das Verhältnis nach dem Neuen Steuerungsmodell sein sollte, nicht immer Weisungsbeziehungen in einem Über-/Unterordnungsverhältnis sind, sondern z. B. durch Zielvereinbarungen geregelt. »Bericht

2. Weitere Informationen

2.1 Kommunikation mit Erlassen und Berichten

2.1.1 Tendenz zu autoritärer Kommunikation

Die Kommunikation mit Erlassen und Berichten hat die Tendenz zu autoritärer[1] Kommunikation mit allen negativen Konsequenzen, obwohl die Ministerien sich selbst zu kooperativer Führung bekennen. Seitenanfang

Selbst wenn keine grundlegende Neuorientierung durch die Umstellung auf Zielvereinbarungen erfolgt, empfiehlt sich sicherzustellen, dass die vorgesetzten Stellen

2.1.2 Wirtschaftswissenschaftliche Analyse: Principal-Agent-Theorie

Die Problematik der Steuerung solcher Beziehungen werden in den Wirtschaftswissenschaften z. B. mit Hilfe der Principal-Agent-Theorie untersucht, die dafür Erkenntnisse über Risiken und Lösungsmöglichkeiten liefern kann.

Die Principal-Agent-Theorie untersucht die Beziehungen zwischen Akteuren, die miteinander Leistungen austauschen und deshalb auf Zusammenwirken angewiesen sind, unter der Annahme, dass die Akteure jeweils rational handeln und ihren Nutzen zu maximieren versuchen. Zwischen ihnen bestehen jedoch Interessenkonflikte und Informationsasymmetrien, insbesondere im Hinblick auf Eigenschaften, Absichten, verfügbare Informationen und Verhalten ("hidden characteristics, intentions, information, action"), was Folgeprobleme auslösen kann: der "Prinzipal", hier: die Aufsichtsinstanz, trifft Fehlentscheidungen ("adverse selection"), die nachgeordnete Einrichtung setzt ihren Informationsvorsprung eigennützig ein ("moral hazard") oder nutzt die Abhängigkeit der Aufsichtsinstanz aus ("hold up").  Seitenanfang

Dabei wäre die Analyse hier zu erweitern, weil die einseitige Sicht: der "Prinzipal" hat Absichten, der "Agent" versucht die Situation eigennützig zu gestalten, nicht der Aufgabenstellung entspricht: es kann sein, dass gerade der "Agent" die für den öffentlichen Auftrag wichtigen Ziele im Auge hat - weil die nachgeordnete Einrichtung problemnäher ist - und sie deshalb erreichen muss, dass das Ministerium "mitspielt" und die erforderlichen Entscheidungen trifft und Weisungen erteilt ("bestellte Befehle"). Denn die Akteure im Ministerium sind ihrerseits in eine andere, die "politische" Realität eingebunden.

2.1.3 Politikwissenschaftliche Analyse Seitenanfang

Auch die politikwissenschaftliche Analyse der Beziehungen (welche Politiken verfolgen Ministerium und nachgeordnete Einrichtungen, wie versuchen sie, sie durchzusetzen, u. U. gegen den Widerstand der Aufsichtsbehörde? Usw.) kann wichtige Erkenntnisse liefern. Schließlich können Fallstudien über die tatsächlichen Entscheidungsabläufe Erkenntnisse beisteuern, angefangen von den klassischen Fallstudien, die Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts für die Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform durchgeführt worden sind.

2.1.4 Lösungsansätze

Lösungsansätze sind u. a. vereinbarte strategische Ziele und Kennzahlen, die eine Verständigung über Absichten und Erfolgskriterien ermöglichen oder leisten, sowie als nicht-strukturelles Instrument die Rotation: der systematische Wechsel von Beschäftigten zwischen Aufsichts- und nachgeordneter Behörde. Daneben können Lösungen auch mit den Instrumenten möglich sein, die die Principal-Agent-Theorie diskutiert.

2.2 Arten von Erlassen Seitenanfang

Runderlass (Rd.Erl.)
ein Schreiben an mehrere Behörden, z. B. an alle Behörden des Geschäftsbereichs, oft auch an alle Behörden einer bestimmten Art.

Gemeinsamer Erlass (Gem.Erl)
gemeinsames Schreiben mehrerer Bundes- oder Landesbehörden an eine unterstellte Behörde.

Gemeinsamer Runderlass (Gem.Rd.Erl.)
ein gemeinsamer Erlass an mehrere Behörden, oft auch an alle Behörden einer bestimmten Art.

3. Querverweise / Quellen

Siehe im Beitrag "Agentur", auch zu Steuerungsalternativen in der Schweizer Bundesverwaltung.


Anmerkungen

Zurück zum Text "Autoritär" bedeutet hier z. B.: das Ministerium
  • hat immer Recht,
  • hat in allen Fragen die überlegene Sachkunde, auch wenn die Mitarbeitenden, wie üblich, "rotieren", also keine spezialisierte Sachkunde für das Aufgabengebiet der nachgeordneten Einheit besitzen,
  • kritisiert, aber lässt sich nicht kritisieren,
  • führt autoritär und nicht kooperativ, weil es gar nicht erkennt, dass die Führungsstil-Varianten auch in diesem Verhältnis anwendbar sind (desavouiert also seine eigene, für die Führung im Ministerium verordnete Führungsrichtlinie),
  • versteht die nachgeordneten Stellen nicht als "Kunden" und führt deshalb keine Kundenbefragung durch (während es die nachgeordneten Stellen möglicherweise gleichzeitig dazu verpflichtet, solche Befragungen sowie Mitarbeiterbefragungen als Standard durchzuführen).

Ein entscheidender Grund ist das oben beschriebene Problem der überwiegend internen Kommunikation und die Tendenz zur Selbstreferenz, der auch ein Ministerium unterliegt, den Beschäftigten aber nicht bewusst ist, sowie weithin das Fehlen von sinnvollen strategischen und operativen Zielen und Kennzahlen, die eine Verständigung über Absichten und Erfolgskriterien ermöglichen oder leisten.

Ein nicht-strukturelles Instrument zur Reduzierung solcher Probleme ist die Rotation: der systematische Wechsel von Beschäftigten zwischen Aufsichts- und nachgeordneter Behörde.