Marketing, Marketing-Instrumente

(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 2.3r)

1. Definition

Ausrichtung des betrieblichen Geschehens auf den Markt, um die Ziele des Unternehmens zu verwirklichen; insbesondere Absatz-Marketing (Produkt- und Sortimentsgestaltung, Absatzmethoden, Werbung, Preispolitik).

Marketing in der Praxis ist Management oder - je nach Interpretation von Marketing (siehe Nr. 2) - Managementinstrument, umfasst also Planung und Umsetzung entsprechender Aktivitäten, Controlling. ggf. auch Organisation (einschließlich der Organisation des Marketing).

2. Weitere Informationen

Nach Wöhe, BWL, 21. Aufl. 2002, S. 464 f. wird der Begriff "Marketing" in der Betriebswirtschaftslehre in mindestens drei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet:

  1. Marketing als Lehre von der optimalen Gestaltung des Absatzbereichs. In dieser Bedeutung wäre Marketing identisch mit dem Begriff "Absatz". Es ist die engste Interpretation des Begriffs.Seitenanfang
  2. Marketing als (marktbezogene) Betriebswirtschaftslehre. Neben dem Absatzmarkt wird hier auch die Beschaffung erfasst, da sie den Bedarf für Werkstoffe, Betriebsmittel und Arbeitskräfte auf den zugehörigen Märkten decken muss.
  3. Marketing als umfassende selbständige Wissenschaft, bei der es darum geht, das gesamte betriebliche Geschehen auf den Markt auszurichten, um die Ziele des Unternehmens zu verwirklichen. Im Rahmen dieser umfassenden Disziplin werden auch Erkenntnisse der Soziologie, der Psychologie und der Verhaltenswissenschaft einbezogen.

Die hier verwendete Definition entspricht der weiten Bedeutung im Sinne Nr. 3, wobei die disziplinären Abgrenzungsfragen offen bleiben sollen. Zur Orientierung von Marketing für die öffentlichen Verwaltung siehe nachfolgend 3.Seitenanfang

3. Marketing für die öffentliche Verwaltung?

3.1 Marketing allgemein

Für die öffentliche Verwaltung stellt sich die Frage der Anwendbarkeit von Marketing generell, wenn sie keine Leistungen für einen Markt erbringt, und wenn es anwendbar ist stellt sich die Frage, welche dieser Definitionen zugrundegelegt werden soll.

Die Antwort wird sich pragmatisch nach den Zielen richten, die mit der Verwendung von Marketing verfolgt werden. Dabei ist eine Abstimmung mit anderen Managementinstrumenten erforderlich, z. B. mit dem Controlling. Umfasst es strategisches Controlling, sind damit Fragen bereits zugeordnet, die sonst dem Marketing im Sinne der 3. Definition zuzuweisen wären.

Im übrigen ist Marketing für die öffentliche Verwaltung in der Regel nicht "Produktmarketing" im Sinne des Marketings für Sachgüter, sondern Dienstleistungsmarketing, also die Ausrichtung der Dienstleistung(en) auf aktuelle und potenzielle Bedürfnisse der Kundschaft oder auf ihren faktischen Bedarf. Insoweit, als die öffentliche Verwaltung Dienstleistungen erbringt, die im wesentlichen durch die Nutzen für die Empfänger geprägt werden, hat Dienstleistungsmarketing einen Anwendungsbereich, insbesondere für die Städte, Gemeinden, Landkreise.

SeitenanfangGrundsätzlich ist aber die Besonderheit der öffentlichen Verwaltung zu berücksichtigen, dass Kundennutzen und entsprechend Kundenzufriedenheit oft nicht die wesentliche oder zumindest die allein relevante Rechtfertigung des Handelns ist, sondern die Erbringung eines darüber hinausgehenden oder sich davon unterscheidenden Nutzens für das Gemeinwohl: Wirkung / Outcome, dies ist der eigentliche öffentliche Auftrag (siehe dazu auch Effektivität / Effizienz, strategisches Management).

Deshalb muss Marketing

Berücksichtigt werden muss auch, dass die öffentliche Verwaltung in ihren strategischen Entscheidungen gesteuert wird von politischen Entscheidungsprozessen oder auf sie Einfluss nehmen, sie jedenfalls beachten muss (entsprechendes gilt für Non-Profit-Organisationen in Beziehung zu ihren Förderern). Darauf hat z. B. Moore[1] hingewiesen und einen Vorschlag entwickelt, diese Besonderheiten konzeptionell zu berücksichtigen.Seitenanfang

Kein "Primat des Marketing", sondern "Primat der Wirkungsorientierung"

Aus der geschilderten besonderen Stellung der öffentlichen Verwaltung ergibt sich, dass die in der BWL verbreitete These vom "Primat des Marketing" (Wöhe, a.a.O., S. 465) für die öffentliche Verwaltung so nicht gelten kann. Für die Privatwirtschaft wird darunter verstanden, dass sich alle unternehmerische Planungsbereiche den Vorgaben der Marketingplanung unterzuordnen hätten, weil der Absatz immer unternehmerischer Engpasssektor sei.

Zu diesem Anspruch bemerkt Wöhe (ebd.) für die allgemeine BWL, dass er in seiner absoluten Form nicht gerechtfertigt sei: für manches Unternehmen liege der Engpass in einem anderen Bereich, etwa im Personal- oder Finanzbereich.

Damit wird "Primat" nicht als bestimmende Ziel- und Planungsgröße, sondern lediglich als Engpassfaktor in der Zielerreichung verstanden. Richtig ist am Primat des Marketing aber, das die erfolgreiche Bewältigung der Engpässe im Personal- und Finanzbereich nichts bringt, wenn mit den Ressourcen Produkte/Dienstleistungen erstellt werden, die auf dem Markt keinen Erfolg haben.Seitenanfang

Für die öffentliche Verwaltung gilt der Primat der Wirkungsorientierung (Neues Steuerungsmodell). Für die Anwendbarkeit von Marketing wird es weitgehend darum gehen, in geeigneten Fällen in Perspektiven des Marketings zu denken und Marketinginstrumente zu verwenden, die bisher in der öffentlichen Verwaltung nicht üblich waren, und damit das öffentlichen Handeln intelligenter zu machen.

3.2 Ausgewählte Marketing-Aspekte und Instrumente

3.2.1 Portfolioanalyse

Marketing untersucht, welche Produkte das Unternehmen herstellen soll. Besonders bekannt geworden ist dabei die von Boston Consulting entwickelte Portfolioanalyse, die Produkte in vier Klassen unterteilt und für jede Klasse eine Strategie-Empfehlung gibt, vgl. die folgende Abbildung:

BCG-Portfolio-Analyse (BCG-Matrix)
    Marktanteil
    hoch gering
Markt-wachstum
 
hoch 1. "Stars"

Strategie: ausbauen
2. "Fragezeichen"

Strategie:
prüfen, ggf. Kapazitäten aufbauen

gring 3. "Milchkühe"

Strategie: abschöpfen
(nicht: ausbauen!)
 
4. "Arme Hunde"

Strategie: "desinvestieren" (abbauen/aussteigen)
BCG-Portfolioanalyse mit "Normstragegien" - © Krems - olev.de - Version 1.0 - 2009-04-19

Eine entsprechende Analyse ist auch für öffentliche und Non-Profit-Einrichtungen als Element des Marketing und des strategischen Managements empfehlenswert. Das Gegenargument, die Aufgaben seien doch "gesetzlich vorgegeben", ist in der Regel nicht stichhaltig:

3.2.2 Marketing-Mix

Klassischer Marketing-Mix der American Marketing Association (die "vier Ps")

Als "Marketing-Mix" wird die Kombination der eingesetzten Marketing-Instrumente bezeichnet. Empfohlen wird eine Kombination von Instrumenten aus folgenden Bereichen (so der Vorschlag der American Marketing Association, auch als die "vier Ps" bekannt):

Auch für die öffentliche Verwaltung kann es hilfreich sein zu überprüfen, wie entsprechende Festlegungen getroffen werden - und dass sie bewusst und reflektiert getroffen werden.

3.2.3 AIDA-Formel für Werbung

"Werbung" betrifft nicht nur den Absatz von Produkten (einschließlich Dienstleistungen) im privaten Sektor, in vielfältiger Weise gehört es zum Alltag des Managements, auch intern. Oft wird übersehen, dass erfolgreiche Werbung mehr ist als Information, noch dazu Information, die ungefragt und ungebeten kommt.

Eine einfache Formel hat sich dabei für die Werbung durchgesetzt, die die gröbsten Fehler auf diesem Gebiet hilft zu vermeiden, und einprägsam zusammengefasst wird in der Formel "AIDA". Sie beschreibt in vier Phasen, was Werbung bewirken soll:

  1. Attention (Aufmerksamkeit) − Aufmerksamkeit erregen (die Information muss überhaupt erst einmal wahrgenommen werden - Extremfall "Schockwerbung").
  2. Interest (Interesse) − Interesse wecken, d. h. nach Informationen: damit wird erreicht, dass Informationen auch inhaltlich und ihrer Bedeutung für den Adressaten wahrgenommen werden.
  3. Desire (Verlangen) − Ein Bedürfnis, den Wunsch nach dem, wofür geworben wird, wecken (das kann ein Sachgut sein, aber auch Sicherheit, Impfschutz).
  4. Action (Handeln) − Der Kunde kauft das Produkt, fragt die Dienstleistung nach, nimmt das Angebot der öffentlichen Verwaltung wahr, lässt sich z. B. impfen, usw.

4. Quellen

Siehe mit verschiedenen Detailinformationen den Beitrag in WikipediaExterner Link in neuem Fenster, auch mit Quellenangaben zu Marketing allgemein, die allerdings wesentlich unvollständig sind:

Marketing wird oft ausführlich in der allgemeinen Betriebswirtschafts- und der Managementlehre behandelt, siehe z. B. Thommen, Jean-Paul / Achleitner, Ann-Kristin: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht. 5. Aufl., Wiesbaden 2006, Teil 3, S. 123-291.

Speziell zur öffentlichen Verwaltung:

Birk, Florian / Grabow, Busso / Hollbach-Grömig, Beate (Hrsg.) 2006 Stadtmarketing - Status quo und Perspektiven. Berlin 2006
Bruhn, Manfred 2005 Marketing für Nonprofit-Organisationen. Grundlagen- Konzepte- Instrumente. Stuttgart 2005
Hohn, Stefanie 2008 Public Marketing. Marketing-Management für den öffentlichen Sektor. 2. Aufl., Wiesbaden 2008

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Anmerkungen

Zurück zum Text Moore, Mark H.: The Public Value Scorecard: A Rejoinder and an Alternative to "Strategic Performance Measurement and Management in Non-Profit Organizations" by Robert Kaplan. Working Paper #18 des Hauser Center for Nonprofit Organizations. The Kennedy School of Government, Harvard University, May 2003. Online-Quelle (2006-02-14)