situativer Ansatz (kontingenztheoretischer Ansatz)
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.31)


1. Definition

Ansatz in der Organisationstheorie, der den Erfolg bestimmter Organisationsstrukturen und Verhaltensweisen des Managements mit den Besonderheiten der jeweiligen Situation erklärt, z. B. mit der Art der Produkte, der Größe, Umweltdynamik, Technologie usw. Zusammenhänge werden empirisch überprüfbar formuliert, Empfehlungen auf der Grundlage empirisch bewährter Hypothese gegeben. Die moderne Organisationstheorie hält einen einfachen Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen Umwelt, Organisationsstruktur und Erfolg für empirisch widerlegt (siehe Diskussion). »Wissenschaft


2.  Weitere Informationen
situativer Ansatz - Online-Verwaltungslexikon

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Der situative Ansatz grenzt sich gegen früher gebräuchliche, typisierende bzw. pauschalierende Aussagen ohne empirisch fassbaren Gehalt ab. Das Grundkonzept ging von einer empirisch nachweisbaren Kausalbeziehung zwischen der Situation, der Struktur und dem Unternehmenserfolg aus:

Situativer Ansatz - Grundkonzept

Die differenziertere Sicht von Kieser/Kubicek bezieht das Führungsverhalten ein:

Situativer Ansatz nach Kieser/Kubicek 1992

Die einzelnen Merkmale - in Anlehnung an Kieser/Kubicek 1992, S. 67 ff., 209 et passim - sind in einer Übersicht gesondert dargestellt.

Diskussion

Es ist ein Verdienst des situativen Ansatzes, empirisch-wissenschaftliches Arbeiten gefordert und grundsätzliche Möglichkeiten aufgezeigt zu haben. Das ist deshalb besonders wichtig, weil es in der Managementliteratur weit verbreitet ist, Konzepte auf erfolgreiche Beispielen zu stützen, - trotz der heute eigentlich kaum noch bestrittenen erkenntnistheoretischen Einsicht, dass Hypothesen nicht - durch Beispiele - "bestätigt", sondern nur falsifiziert werden können, und die wissenschaftliche Überprüfung deshalb nach Widerlegungen, nicht nach Bestätigungen suchen muss (»Wissenschaft).

Der situative Ansatz wird von einem großen Teil der Organisationslehre als überholt eingeschätzt (Diskussion und Nachweise z. B. bei Schreyögg, Organisation, 2. Aufl., 1998, S. 54 ff., 63 ff.; Frese, Organisation, 7. Aufl., 1998, S. 460 f.), u. a. weil die Fülle von Einflussgrößen kaum noch überschaubar und die Annahme, in einer bestimmten Situation sei eine bestimmte Gestaltung oder Führungsstrategie zwangsläufig erfolgreich, empirisch widerlegt wäre. Vor allem gelte: "Structure follows strategy", Erfolg hänge also auch von der gewählten Strategie ab, wie Unternehmen auf die Situation reagierten. Unternehmen würden auch Einfluss auf ihre Umwelt nehmen und seien ihnen nicht - wie im Modell vollständigen Wettbewerbs - nur ausgesetzt. Deshalb könnten bei gleichen Situationsbedingungen je nach Unternehmensstrategie unterschiedliche Gestaltungen erfolgreich sein.[FN1]

Dem widersprechen Kieser/Walgenbach 2003 (S. 46) u. a. mit dem Argument, der situative Ansatz sei flexibel, könne also neuere Erkenntnisse und theoretische Ansätze integrieren, und die zugrunde liegende Fragestellung entspreche einem praktischen Bedürfnis.

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Weiterhin gilt die Erkenntnis, dass bestimmte Gestaltungen nicht Vor- oder Nachteile per se haben, sondern von der Situation abhängig sind, verbreitete Praktikerlehren also zu kurz greifen. Auch ist kaum zu bestreiten, dass bestimmte Situationsbedingungen für die Organisationsgestaltung wichtig sind, z. B. die Größe als Faktor öfür Art und Ausmaß der Spezialisierung und die Strukturtypen (weshalb die KGSt ihre organisatorischen Empfehlungen nach Größenklassen differenziert und z. B. je nach Größe der teilnehmenden Kommunen unterschiedliche Vergleichsringe für kommunales Benchmarking bestehen).

Sinnvoll kann es auch sein, Betriebe bzw. Verwaltungen nach Aufgaben zu typisieren, wie es die Standard-KLR des Bundes aufzeigt, weil sich nach diesen Typen unterschiedliche Gestaltungsprobleme und Lösungsansätze ergeben. In all diesen Fällen ist aber vor einer Vereinfachung zu warnen: diese Merkmale taugen nicht für eine starre Zuordnung zu Gestaltungsvarianten.


3. Quellen
situativer Ansatz - Online-Verwaltungslexikon

Frese, Erich  

Grundlagen der Organisation in verschiedenen Auflagen

Kieser, Alfred/Kubicek, Herbert 1992 Organisation. 3. Aufl., Berlin/New York 1992
Kieser, Alfred / Walgenbach, Peter 2003 Organisation. 4. Aufl., Stuttgart 2003
Schreyögg, Georg 2000

Organisation: Grundlagen moderner Organisationsgestaltung. Mit Fallstudien. 2. Aufl., Wiesbaden 1998

 


Anmerkungen

[1] Zumindest müsste das Konzept um den Faktor "Unternehmensstrategie" erweitert werden - und damit schwieriger empirisch zu überprüfen sein.

 


© Copyright: Prof. Dr. Burkhardt Krems,
Köln, 2011-01-21
http://www.olev.de/s/sit_Ansatz.htm

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