Kosten-
und Leistungsrechnung (KLR)
(richtiger: Leistungs- und Kostenrechnung?)
(Beitrag im Online-Verwaltungslexikon olev.de, Version 1.7)
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falscher Leistungsbegriff | |
falscher Kostenbegriff | |
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Definition | |
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Stand Kommunen/ Länder | |
Stand im Bund: oft wenig brauchbar, z. T. rechtswidrig? | |
KLR für Gebührenberechnung unbrauchbar? | |
Bilanz | |
Quellen |
1 Definition
Systematische Erfassung und Darstellung
- der Kosten (»Kostenrechnung) und
- der Leistungen (»Leistungsrechnung):
- darüber hinaus der Wirkungen (Outcome), s. Wirkungsrechnung
gegliedert nach Zeitabschnitten (Monate, Quartale, Jahre) und mit einer Gegenüberstellung von Plan- und Ist-Daten.
2 Weitere Informationen |
Beachte: In der Praxis werden ganz überwiegend - entgegen dem Auftrag der öffentlichen Verwaltung - als Leistungen nur Erlöse definiert und erfasst: eine unzulässige Übernahme aus der BWL für private Unternehmen, die dem Reformanliegen der KLR widerspricht. Entsprechendes gilt für eine verfehlte Kostendefinition und -erfassung.
KLR ist Teil des internen Rechnungswesens und unterliegt deshalb nicht den Vorgaben für das externe Rechnungswesen, etwa nach HGB oder den Vereinbarungen der Innenminister und den landesrechtlichen Vorgaben für das kommunale Haushaltsrecht.
Vorrangiges Ziel ist Kosten-, Leistungs- und Wirkungstransparenz und damit die Umstellung auf Output- und Outcome-Steuerung entsprechend dem NSM-Konzept:
- Leistungstransparenz (welche Leistungen wurden in welcher Menge und Qualität erbracht?)
- Kostentransparenz (welche Ressourcen wurden dafür verbraucht und was kosten die Produkte/Leistungen?)
- Transparenz der Wirkungen (was wurde tatsächlich - im Sinne des Gemeinwohls/der strategischen Ziele - erreicht?)
Die KLR ist wichtiger Datenlieferant für Controlling und u. U. auch für Benchmarking.
Falscher Kostenbegriff in der kommunalen KLR / Missbrauchsgefahr
Allerdings liefert die KLR in der Kommunalverwaltung zum Teil falsche Daten, weil der Kostenbegriff manipuliert wird, um über Gebühren Einnahmen für den allgemeinen Haushalt zu erzielen, mit zum Teil abstrusen Konsequenzen (6,5% kalkulatorische Zinsen auf den Wert von Kulturgütern als Kosten in der KLR: Beispiel Köln).
Siehe zum Gesamtsystem eines Neuen Rechnungswesens den Beitrag Doppik.
In der Landes- und Kommunalverwaltung entwickeln sich KLR und ein neues Finanzmanagement (neues Rechnungswesen), angelehnt an die kaufmännische doppelte Buchführung (Doppik) zum Standard. Gemeinsame Grundlagen sind durch Vereinbarungen der Innenminister und in den Ländern durch entsprechende Landesgesetze geschaffen worden. In der Schweiz und im Vereinigten Königreich ist man darüber hinaus bereits auf dem Weg zur Einführung des Rechnungswesens nach internationalem Standard (IPSAS).
Zum Stand und zu den Planungen für ein neues - oder die Weiterentwicklung des kameralen - Rechnungswesens und die KLR als Teil eines solchen Gesamtkonzepts siehe den Beitrag "Doppik".
Zum Stand der Einführung der KLR in der Bundesverwaltung, siehe
- die Fortschrittsberichte des BMF
- Fortschrittsbericht 2007 des BMF an den Rechnungsprüfungsausschuss
des Deutschen Bundestages (Originalquelle
2007-09-13/ hier
im Online-Archiv):
- Zur KLR (S. 13 f.): "Die Einführung der KLR in der Bundesverwaltung stagniert derzeit bei ca. 80% des Stellensolls. ... BMF wird jedoch weiterhin bemüht sein, die Einführung der KLR in der Bundesverwaltung voranzutreiben."
- Zum Produkthaushalt (S. 12): "Der Produkthaushalt wurde von den Adressaten als Steuerungsinstrument nicht angenommen. Hierdurch blieb der Anreiz, das bisherige und von den Beteiligten akzeptierte Haushaltsverfahren zu ändern, relativ gering. Als reines Informationsinstrument übersteigt der Aufwand für den Produkthaushalt dessen Nutzen. Die Bundesregierung wird Produkthaushalte als bloßes Zusatzinstrument zum bisherigen Haushaltsverfahren nicht weiter nutzen. (Hervorh. ergänzt)
- Fortschrittsbericht 2004 des BMF an den Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages (Originalquelle ni7cht mehr verfügbar / hier im Online-Archiv).
- Fortschrittsbericht 2007 des BMF an den Rechnungsprüfungsausschuss
des Deutschen Bundestages (Originalquelle
2007-09-13/ hier
im Online-Archiv):
- Die Bemühungen um einen Produkthaushalt
wurden sogar eingestellt - was nicht erstaunt, da die veröffentlichen
Produkthaushalte für die Steuerung von der Output- oder Outcomeseite
her unbrauchbar waren.
Nach der nunmehr beschlossenen Reformkonzeption soll dennoch ein neuer Bundeshaushalt Output-Informationen enthalten (Quellenhinweise siehe im Beitrag Doppik)
Damit ist der Bund in dieser Hinsicht wohl eher Schlusslicht. Selbst da, wo die KLR im Bund eingeführt ist, werden die Daten kaum genutzt: oft liefert die KLR unverständliche Antworten auf Fragen, die niemand stellt - auf Datengrundlagen, die nicht verläßlich sind, weil die Erfassung der Personalkosten nicht behebbare Fehler aufweist.
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Dabei werden auch die juristische Konsequenzen einer mangelhaften KLR oft nicht beachtet. Denn der unzureichende Stand der KLR mit unbrauchbaren Datengrundlagen führt dazu, dass jede darauf gestützte Entscheidung, z. B. die Festsetzung von Gebühren oder die Berechnung von Ersatzansprüchen, vor deutschen Gerichten erfolgreich angefochten werden könnte: diese KLR ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch rechtswidrig. Unbrauchbar sind die Daten insbesondere, wenn sie - wie im Geschäftsbereich des BMI - auf Buchungen der Beschäftigten ("Zeitaufschreibungen") beruhen, die sie z. T. erst nach 6 Monaten vorgenommen haben, wobei diese Buchungen aufgrund von Dienstvereinbarungen unkontrollierbar und unkorrigierbar sind. Kein Gericht wird die Ergebnisse einer solchen KLR als Kalkulationsgrundlage akzeptieren, wenn die Beschäftigten beliebige Daten eingeben konnten - und wegen des zeitlichen Abstands zur Eingabe der Daten gar nicht mehr in der Lage gewesen sind, zutreffende Angaben über den Zeitverbrauch für verschiedene Produkte zu machen.
Die öffentlichen Beschäftigten, die hier über ihre Personalvertretung diesen Schutz durchgesetzt haben, würden keine Rechnung eines Handwerkers akzeptieren, in der die Zeit des Einsatzes der Arbeitskräfte nicht nachprüfbar enthalten ist: für die Verwendung seiner eigenen, vom Steuerzahler bezahlten Arbeitszeit aber darf der öffentlich Beschäftigte verlangen, dass sie unkontrollierbar ist?
Bedeutung der KLR
Die Definition von Produkten und der
Aufbau einer KLR sind zentrale Elemente des Neuen Steuerungsmodells,
da die öffentliche Verwaltung nach dem klassischen Haushaltsrecht Ausgaben,
nicht den Ressourcenverbrauch erfasst, und für die Erfassung der Leistungen
(des Output) kein System hat. Deshalb dominiert
das Denken in Input-Größen zu Lasten der Steuerung des Output, der Leistungen,
die erst die Existenz der öffentlichen Verwaltung rechtfertigen - wenn nicht
sogar erst die Produktwirkungen - Outcome - die
Existenzberechtigung darstellen. Das kann nur geändert werden, wenn es
überhaupt möglich wird, den Ressourcenverbrauch Produkten zuzurechnen:
also mit Hilfe der KLR.
Zentrales Merkmal einer Verwaltungs-KLR ist deshalb neben der Erfassung der Kosten (nach Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträgern: »Kostenrechnung) die »Leistungsrechnung. Ergänzt werden muss sie durch die Erfassung und Bewertung der Wirkungen (= Outcome; »Wirkungsrechnung), so ausdrücklich auch das Handbuch der Standard-KLR des Bundes.
Die KLR ist wichtiger Datenlieferant für Controlling und u. U. auch für Benchmarking.
Kosten- und Leistungsrechnung als Teil
des Instrumentariums |
Beachte für die öffentliche Verwaltung: Der Aufbau der KLR allein hat keine vergleichbare Wirkung wie in der Privatwirtschaft, es fehlt die Wirkung des Marktes, der Preis und Qualität zusammen bewertet (Adamaschek[FN1]) und das Ergebnis mit Konsequenzen (Erfolg/Misserfolg) verbindet - also Anreiz- und Steuerungswirkungen auslöst. Deshalb kann die KLR eine vergleichbare Wirkungen wie in der Privatwirtschaft erst entfalten,
- wenn die Daten über die Kosten ergänzt werden durch eine Bewertung der Leistungen nach Produkt- und Servicequalität. Die Ergänzung der KLR um die Erfassung und Bewertung der Qualität und der Wirkungen, wie von der Konzeption der Standard-KLR des Bundes vorgesehen, ist deshalb unverzichtbar,
- ebenso wie die Ergänzung um eine Fremdbewertung z. B. durch Benchmarking, regelmäßige Kunden- und Expertenbefragungen.
- Für die Wirksamkeit der KLR ist außerdem eine regelmäßige Berichterstattung gegenüber der Öffentlichkeit aufgrund geprüfter (!) Daten erforderlich ("Transparenz bewegt"), um die fehlende Anreizwirkung durch den Erfolg oder Misserfolg am Markt zu ersetzen.
Diese Berichterstattung sollte Teil einer Rechenschaftslegung anhand der Ziel-/Berichtsfelder sein, zu denen gehören:
Gesamtkonzept
für Zielfelder und Ziele (Version 2.13)
(mehr ...)
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Zielfeld / Berichtsfeld | Ziele (Beispiele und Kennzahlen) | ||
1. | Auftragserfüllung | (= "Sachziel") | |
1.1 Wirkungen
subjektiv / objektiv = Outcome, Effektivität |
Wozu | subjektive Wirkung: Adressaten ändern
ihre Einstellungen/ihr Verhalten (= "Impact"),
Kundenzufriedenheit mit der Leistung; objektive Wirkung: Erfolg von Bildungs- und Fördermaßnahmen, verbesserte Sicherheit, Gesundheit (= "Outcome" i. e. S.) |
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1.2 Leistungen
= Output |
Was | Menge, (Produkt-) Qualität, Zeit | |
2. | Finanzziele | Womit | Stückkosten, Kostendeckungsgrad / Deckungsbeitrag |
3. | Servicequalität
(Kundenfreundlichkeit i.e.S.) |
Wie | z. B. Öffnungszeiten, Wartezeiten, Freundlichkeit, Beratungsqualität, |
4. | Mitarbeiterpotenzial | z. B. Motivation, Qualifikation, Zufriedenheit | |
5. | Gesellschaftliche Verantwortung | soziale, ökologische, kulturelle Verantwortung, Beitrag zur lokalen Lebensqualität, Nachhaltigkeit | |
© Krems - olev.de - 2007-12-17 |
Zur Bewertung der KLR in der Kommunalverwaltung siehe Abschnitt 3.
"Leistungs- und Kostenrechnung" für die öffentliche Verwaltung?
Es wäre richtiger, in der öffentlichen Verwaltung die Bezeichnung "Leistungs- und Kostenrechnung" zu verwenden (damit wird ein Hinweis von Adamaschek aufgenommen).
- Denn die öffentliche Verwaltung hat die Aufgabe, Leistungen zu erbringen, sie möglichst wirtschaftlich zu erbringen ist eine Nebenbedingung.
- Dadurch unterscheidet sich die öffentliche Verwaltung von der Privatwirtschaft, die eine andere Hauptzielsetzung verfolgt - nachhaltige Gewinnerzielung - und die Erreichung dieses Ziels mit einer Kosten- und Leistungsrechnung überprüfen kann, weil der Erfolg sich in Erlösen niederschlägt.
- Die fehlende Dokumentation der Leistungen ist zudem ein zentraler Mangel der bisherigen Verwaltungssteuerung, und ein Widerspruch zum öffentliche Auftrag.
- Die Bezeichnung "Leistungs- und Kostenrechnung" würde die für die öffentliche Verwaltung geltenden Prioritäten und auch den Unterschied zur Privatwirtschaft verdeutlichen.
Konsequenterweise hat die Landesverwaltung Berlin denn auch die "Kostenstellen" umbenannt in "Leistungs- und Verantwortungszentren". Denn es ist zu fragen: wenn es Kostenstellen und Kostenstellenverantwortliche gibt, wo bleibt der öffentliche Auftrag, der die Existenzberechtigung der Verwaltung liefert, wo bleibt die Leistungsverantwortung?
3. Quellen (Literatur, Internet-Adressen)
LiteraturSiehe die Quellenangaben zum Neuen Steuerungsmodell und zur Doppik sowie zu aktuellen Entwicklungen auch die Beiträge in Verwaltungsmanagement.Info. Weitere Literatur zur KLR der öffentlichen Verwaltung:
Fischer, Walter P. | 2002 | Entscheidungsorientierte Kosten- und Leistungsrechnung in staatlichen Verwaltungen. Konzeption und Nutzung eines schlanken Rechensystems. Brühl 2002 (Fachhochschule des Bundes, Schriftenreihe Bd. 39). Online-Quelle |
Grommas, Dieter | 2005 | Interne Budgetierung in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben. Lohmar 2005 |
Klümper, Bernd / Zimmermann, Ewald | 2002 | Die produktorientierte Kosten- und Leistungsrechnung.
München 2002 |
Mundhenke, Ehrhard | 2003 | Controlling / KLR in der Bundesverwaltung. Was man dazu wissen sollte, mit Glossar. 5. Aufl., Brühl 2003. Erhältlich über die Fachhochschule des Bundes (Schriftenreihe Bd. 34) und online im Internet (2003-05-08) |
Seeger, Tilman / Walter, Matthias / Liebe, Rüdiger / Ebert, Günter | 1999 | Kosten-, Leistungsrechnung und Controlling. Ein Erfahrungsbericht für die Praxis über die Einführung der Standard-KLR am Beispiel der Bundesverwaltung. Heidelberg 1999 |
Anmerkungen
[1] | Adamaschek, Bernd (1999) Der interkommunale Leistungsvergleich - Erfahrungen in Deutschland. In: Meurer/Stephan (Hrsg.), Rechnungswesen und Controlling in der öffentlichen Verwaltung, Loseblattwerk, 1999 ff. |
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© Copyright: Prof. Dr. Burkhardt
Krems, Köln, 2015-01-05 |